Ermittlung der Kabeldämpfung in LWL-Installationen

Die häufigste Frage, die Herstellern von Mess- und Prüftechnik zum Testen von Glasfaserkabeln gestellt wird, lautet sicherlich: „Wie viel Dämpfung ist zulässig“? Leider ist die Antwort darauf ein „das hängt davon ab“. Nur, wovon hängt es denn ab?

Die Antwort auf diese Frage muss berücksichtigen, wer die Tests ausführt und in welcher Phase eines Projektes die LWL-Verkabelung überprüft wird. Die Mehrzahl unserer Kunden sind Installationsfirmen, die dafür bezahlt werden, dass sie die Verkabelung installieren, abschließen und zertifizieren. Sie haben keine Vorstellung davon, was der Kunde über die Verkabelung übertragen wird, nachdem sie ihren Auftrag ausgeführt haben. Wenn die Pläne des Kunden keine Spezifikationen für die zulässige (Einfüge-)Dämpfung vorsehen, bleibt es dem Installateur überlassen, anhand der jeweiligen Streckentests den richtigen Dämpfungswert zu ermitteln. Möchte der Kunde aber beispielsweise 10-Gigabit-Ethernet über das System übertragen, kann sich der Installateur auf die für diese Anwendung geltenden Normen stützen, um die zulässige Dämpfung zu bestimmen.

Sollten die Typen und Modelle der Netzwerkkomponenten bekannt sein, ist es ihm möglich deren Spezifikationen nutzen, um die zulässige Einfügedämpfung für das System zu berechnen. Da der Installateur aber nur selten wissen wird, welche Netzwerktechnik zum Einsatz kommt, bleibt diese Vorgehensweise für gewöhnlich dem Netzwerkausrüster oder Endnutzer vorbehalten.

Kurz gesagt, im Wesentlichen gibt es drei Methoden, um die zulässige Dämpfung in Glasfaserkabeln zu ermitteln.

  1. Die Berechnung des Dämpfungsbudgets auf Grundlage der Kennwerte der installierten Verkabelung unabhängig von der Anwendung oder den Netzwerkkomponenten.
  2. Die Nutzung der Dämpfungsgrenzwerte für spezifische Anwendungen, bei denen es sich zumeist um eine Ethernet-Version handelt.
  3. Die Berechnung des Dämpfungsbudgets anhand der tatsächlich installierten Netzwerkkomponenten, die an der installierten Verkabelung in Betrieb genommen werden.

Im Folgenden werden diese Vorgehensweisen einzeln erläutert, so dass man die Grenzwerte für die zulässige (Einfüge-)Dämpfung in Abhängigkeit von der konkreten Situation selbst ermitteln kann.

Kabelbasiertes Dämpfungsbudget

Die meisten Installateure werden diese Methode verwenden, um den Dämpfungsbetrag zu ermitteln, der nach der Verlegung des Kabels noch eine Zertifizierung zulässt. Mit einem optischen Leistungspegelmesser in Verbindung mit einer Lichtquelle oder einem optischen Dämpfungsmessplatz (OLTS) kann eine Tier-1-Zertifizierung nach den Industrienormen für Kabel und Steckverbinder ausgeführt werden. Die Verkabelungsnormen der ISO und der TIA definieren die zulässigen Dämpfungsgrenzwerte für optische Komponenten, so dass diese Werte zur Berechnung des Dämpfungsbudgets nutzbar sind. Der Vorteil besteht darin, dass der Installateur nicht wissen muss, was für ein Netzwerktyp später über die Strecken übertragen wird. Der Nachteil besteht darin, dass für jedes Glasfaserkabel, nicht für die einzelnen Adern im Kabel, sondern für jedes Kabel zwischen zwei Endpunkten ein Dämpfungsbudget berechnet werden muss.

Die Normen IEC 14763-3 und ISO 11801 geben die folgenden Kennwerte für die Übertragungsleistung von Glasfaser vor.

Dämpfung der Steckverbinder

 

Multimode

 

Singlemode

 

Steckverbinder

Dämpfung
  Beliebiger Verbinder

Dämpfung
  Referenzverbinder

Dämpfung
  Beliebiger Verbinder

Dämpfung
  Referenzverbinder

IEC 62664-1-1

Klasse B

0,3 dB max. (50 %) (*)
  0,6 dB max. (97 %)

0,5 max.

 

 

Zukünftige Norm
  IEC 62664-1-2

Klasse C

 

 

0,3 dB max. (50 %) (*)
  0,5 dB max. (97 %)

0,65 dB max.

ISO/IEC 11801

0,75 dB max. (100 %)

 

0,75 dB max. (100 %)

 

(*) bezieht sich auf den Prozentsatz der Steckverbinder, die diesen spezifischen Grenzwert einhalten müssen.

Anhand dieser Tabelle fällt es leicht, das Dämpfungsbudget für die Verkabelung zu berechnen. Um diese Aufgabe weiter zu vereinfachen, besitzen einige Tester von IDEAL Networks, wie der LanTEK III mit FiberTEK III Modulen, einen integrierten Dämpfungsbudget-Rechner. Dieser ermittelt nach Eingabe der jeweiligen Variablen automatisch den zulässigen Dämpfungsgrenzwert.

Hier das Beispiel einer einfachen, 90 Meter langen horizontalen Multimode-Kabelstrecke nach ISO 11801 mit einem Patchfeld an dem einen Ende und einer Datendose am Arbeitsplatz am anderen Ende.

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Anhand der obenstehenden Berechnung weiß der Installateur also, welche Gut/Schlecht-Grenzwerte im Tester eingestellt werden müssen, damit jede einzelne Übertragungsstrecke nach den TIA-Verkabelungsnormen zertifiziert werden kann.

Anwendungsspezifische Grenzwerte

Am einfachsten lässt sich das Dämpfungsbudget ermitteln, wenn bekannt ist, welche Anwendung die Glasfaser unterstützen soll. In diesen Fällen muss man lediglich die von der betreffenden Anwendung gestellten Anforderungen nachschlagen.

Die verschiedenen Spezifikationen der einzelnen Anwendungen sind in zahlreichen Quellen zu finden. Die untenstehende Tabelle gibt einen auszugsweisen Überblick über die Norm TIA-568.0-D mit den Anforderungen für einige gängige Ethernet-Anwendungen.

Fasertyp

62,5/125   μm

50/125   μm

850   nm laseroptimiert 50/125 μm

LWL-Norm

ISO-Kategorie

TIA 492AAAA

OM1

TIA 492AAAB

OM2

TIA 492AAAC

OM3

TIA 492AAAD

OM4

Nennwellenlänge (nm)

850

1300

850

1300

850

1300

850

1300

Anwendung

Parameter

Ethernet 10/100BASE-SX

Channel-Dämpfung (dB)

4,0

4,0

4,0

4,0

Unterstützte Entfernung

300

300

300

300

Ethernet 1000BASE-SX

Channel-Dämpfung (dB)

2,6

3,6

Unterstützte Entfernung

275

550

Anmerkung 1

Anmerkung 1

Ethernet 1000BASE-LX

Channel-Dämpfung (dB)

2,3

2,3

2,3

2,3

Unterstützte Entfernung

550

550

550

550

Ethernet 10GBaseLX4

 

 

 

 

 

2,0

 

 

 

 

 

 

 

 

300 m

 

 

 

Ethernet
  40GBaseSR4

 

 

 

 

 

1,9

 

1,5

 

 

 

 

 

 

100 m

 

100 m

 

Ethernet
  100GBASE-SR4

 

 

 

 

 

 

 

1,9

 

 

 

 

 

 

 

 

100 m

 

Ethernet
  100GBASE-SR10

 

 

 

 

 

 

 

1,5

 

 

 

 

 

 

 

 

150 m

 

Der gelb hinterlegte Bereich kennzeichnet die Anforderungen für 1000BASE-SX Ethernet (1Gbit/s, kurze Wellenlänge). Für jede unterstützte Glasfaser werden die maximale Channel-Dämpfung und die maximale Längen angegeben. In diesem Fall beträgt die maximal zulässige Channel-Dämpfung für OM1-Fasern (62,5/125) 2,6 dB und die maximal unterstützte Entfernung 275 Meter.

Bei Verwendung der Faser OM2 50/125 erhöht sich die Dämpfung auf 3,6 dB und die unterstützte Entfernung auf 550 Meter.

Diese Tabelle erleichtert die Berechnung des Dämpfungsbudgets, wenn die Anwendung, die über die Glasfaser übertragen werden soll, bekannt ist.

Einige Glasfaser-Zertifizierer, wie der LanTEK III/FiberTEK III, sind mit einer Datenbank ausgestattet, die diese Werte beinhaltet. Daher muss der Installateur hier lediglich die entsprechende Norm auswählen. Die dafür gültigen Grenzwerte werden dann vom Tester automatisch eingestellt.

Berechnung des Dämpfungsbudgets für Netzwerkkomponenten

Wenn bekannt ist, welche Netzwerkkomponenten an die installierte Glasfaser angeschlossen werden, ist es möglich, deren Spezifikationen für die Berechnung des Dämpfungsbudgets zu nutzen.

Für jede einzelne optische Komponente, selbst für SFP/GBIC-Module, werden bestimmte Kennwerte für die Sendeleistung und Empfangsempfindlichkeit angegeben. Anhand dieser Spezifikationen weiß der Anwender genau, wie viel Dämpfung die Komponente ohne Beeinträchtigung ihrer Funktion noch zulässt.

Die Sendeleistung gibt an, wie „hell“ das abgestrahlte Licht leuchtet. Dieser Wert wird in dBm und nicht in dB angegeben. Ein typischer Wert für die Sendeleistung ist -20 dBm. Lassen Sie sich von dem Minuszeichen nicht verwirren. Es steht nicht für einen Leistungsverlust. 0 dBm bezieht sich auf 1 mW (Milliwatt) Leistung und ein negativer dBm-Wert bedeutet einfach weniger als 1 mW.

easset upload file96836 113058 eAnmerkung: dBm definiert den Betrag des Leistungspegels. dB kennzeichnet dagegen die Änderung des Leistungspegels im Verhältnis zum vorherigen Pegel.

Für einen Empfänger werden für gewöhnlich die Empfangsempfindlichkeit und der Dynamikbereich angegeben.

Die Empfangsempfindlichkeit definiert das schwächste (dunkelste) Signal, das der Empfänger noch erkennen kann. Der Dynamikbereich besagt, um wie viel heller als die Empfangsempfindlichkeit das Signal sein kann, ohne den Empfänger zu blenden. Ein Empfänger mit einer Empfindlichkeit von -30 dBm und einem Dynamikbereich von 20 dB kann Licht in einem Bereich von -10 bis -30 dBm erkennen.

Die untenstehende Abbildung erläutert diesen Zusammenhang.

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Wenn der Sender Licht mit -20 dBm in die Glasfaser einkoppelt und das schwächste Signal, das der Empfänger noch erkennen kann, eine Leistung von -30 dBm aufweisen muss, beträgt die Differenz zwischen beiden Werten 10 dB. Das bedeutet, dass das System eine Dämpfung von höchstens 10 dB aufweisen darf, bevor das Signal zu schwach wird und der Empfänger es nicht mehr verarbeiten kann.

Was wäre aber, wenn der Empfänger mit einem Sender gekoppelt wäre, der eine Leistung von -5 dBm besitzt? Das Signal wäre zu stark und der Empfänger würde geblendet werden. Bei optischen Systemen muss darauf geachtet werden, dass die Empfänger nicht übersteuert werden, denn dies wäre genauso schädlich wie ein zu schwaches Signal.

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