Welche Messungen führt ein Kabelzertifizierer aus, um die Einhaltung der Leistungsparameter der Verkabelung nachzuweisen?

Verkabelungssysteme sind die Autobahnen für die Daten zwischen den verschiedenen Punkten im Netzwerk, d.h. der Weg vom Sender zum Empfänger. Um die optimale Funktion dieses Netzwerks zu gewährleisten, ist es erforderlich nachzuweisen, dass die Kabel die spezifizierte Leistung erbringen.

Daher muss der Techniker wissen, welche Parameter bei der Überprüfung von Verkabelungen wichtig sind.

Nebensprechen

Die grundlegenden Parameter, die ein Zertifizierer testet, sind die Rückflussdämpfung und das Nebensprechen (Übersprechen). Diese beiden Messungen unterscheiden den Zertifizier von allen anderen Netzwerk-Kabeltestern – auch vom Qualifizierer.

Bei der Ermittlung des Nebensprechens wird das Signal gemessen, das vom benachbarten Adernpaar eingekoppelt wird. Im Idealfall findet zwischen den Aderpaaren keine Signalübertragung statt. In der Praxis lässt sich diese gegenseitige Beeinflussung aber leider nicht vermeiden. Das Nebensprechen ist frequenzabhängig. Bei höheren Frequenzen können schon sehr kleine Störungen auf der Übertragungsleitung zu einem hohen Nebensprech-Pegel führen. Dieser störende Effekt tritt entlang dem Kabel auf und ist an den Steckverbindern, also an den Stellen, an denen die physische Verdrillung des Kabels aufgehoben ist, am stärksten ausgeprägt. Zertifizierer messen verschiedene Arten von Nebensprechen.

Nahnebensprechen (NEXT): In diesem Fall wird das Signal an dem Ende des Kabels gemessen, an dem es auch eingekoppelt wurde. Das Nahnebensprechen wird an beiden Kabelenden zwischen jedem der vier Aderpaare ermittelt, so dass NEXT-Ergebnisse für das ferne und das nahe Ende vorliegen. Damit stehen für jedes Kabelende sechs Ergebnisse zur Verfügung. NEXT ist die wichtigste Messung, um zu ermitteln, in welcher Qualität der Installateur die Komponenten an das Kabel angeschlossen hat.

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Fernnebensprechen (FEXT): In diesem Fall wird das Signal an einem Ende eingekoppelt und am anderen Ende gemessen. Der FEXT-Wert wird nicht als direktes Messergebnis ausgegeben, obgleich die Daten für andere Berechnungen, wie für den Dämpfungs-Nebensprech-Abstand am fernen Ende (ACR-F) genutzt werden.

PowerSum NEXT (PSNEXT): Hierbei handelt es sich um einen berechneten Wert, um die Leistungssumme des Nebensprechens der drei Adernpaare auf das vierte Adernpaar des Kabels zu simulieren.

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Fremdübersprechen (Alien Crosstalk): Anstatt das Signal zu messen, das von einem Paar in das andere Adernpaar des gleichen Kabels eingekoppelt wird, gibt der Alien-Crosstalk-Wert an, wie stark ein Signal von einem Kabel in ein anderes Kabel eingekoppelt wird. Alien-Crosstalk wird bei Frequenzen von mehr als 300 MHz zum Problem, lässt sich aber mit geschirmten Kabeln nahezu vollständig unterbinden.

Jede Art von Nebensprechen ist unerwünscht, da eine störende Beeinflussung zwischen den Kanälen des Ethernet-Transceivers am nahen und/oder fernen Ende des Kabels die Folge ist. Transceiver sind durchaus in der Lage, einen bestimmten Nebensprech-Pegel zu tolerieren. Wird dieser Grenzwert jedoch überschritten, gehen Datenbits verloren und die Übertragungskapazität der Strecke wird beeinträchtigt.

Die häufigsten Quellen von übermäßigem Nebensprechen sind das zu weite Auflösen der Verdrillung der Adernpaare bei der Konfektionierung der Stecker, eine mangelhafte Qualität der Steckverbinder sowie Kabel/Steckverbinder, die nicht für die jeweilige Übertragungsfrequenz zugelassen sind.

Rückflussdämpfung

Die Messung der Rückflussdämpfung (RL) ermittelt die Signalleistung, die von der Verkabelung wie ein Echo zum Sender zurück reflektiert wird. Eine hohe Rückflussdämpfung kann so starke Echos hervorrufen, dass diese die Übertragung des Signals in einer Richtung stören. Aber sie kann auch die effektive Länge des Links/Channels des Kabels verringern. Jeder Energiebetrag, der vom Kabel reflektiert wird, fehlt dem gewünschten Signal, das dadurch weniger Leistung besitzt, um den Weg durch ein langes Kabel fortzusetzen.

Die häufigsten Ursachen für eine übermäßige Rückflussdämpfung sind Stecker/Buchsen von Anbietern, die zueinander nicht kompatibel sind, mehrere Steckverbinder an einem Channel sowie ein schlechter Kontakt zwischen dem Leiter des Kabels und dem Kontakt des Steckverbinders.

ISO- und TIA-Normen

Die beschriebenen und von einem Zertifizierer gewährleisteten Messungen sind in den ISO- und TIA-Normen definiert und werden von keinem anderen Tester-Typ ausgeführt. Leider sind diese Messungen nicht zum Nulltarif zu haben.

Zertifizierer messen noch Signale mit einer Dämpfung von etwa 80 dB gegenüber dem Referenzsignal. Auf das Nebensprechen angewendet bedeutet das: Wenn 1 Volt in das Adernpaar 1,2 eingespeist und am Adernpaar 3,6 gemessen werden, entsprechen 80 dB Dämpfung einem Wert von 0,001 Volt. Messtechnik, die in der Lage ist, solche schwachen Signale bei Frequenzen von 100 kHz bis 1000 MHz zu messen, ist in der Entwicklung und Produktion sehr aufwändig.

Kabelzertifizierer / Vektor-Netzwerkanalysatoren

Das Pendant zum Kabelzertifizierer im Feldeinsatz ist ein Vektor-Netzwerkanalysator (VNA) für das Labor. Ein typischer VNA kostet etwa 50.000 – 60.000 US-Dollar und kann zudem nur an zwei Adernpaaren eines LAN-Kabels angeschlossen werden. Daher wird ein HF-Schalter benötigt, der weitere 30.00040.000 US-Dollar kostet, so dass sich der Gesamtpreis für ein Laborsystem zum Testen von LAN-Verkabelung auf 80.000100.000 US-Dollar belaufen kann. Zudem kann der Test eines einzigen Kabels mit einem VNA bis zu 20 Minuten in Anspruch nehmen! Ein handlicher Kabelzertifizierer dagegen führt die gleichen Tests wie ein 100.000-Dollar-Laborgerät zu einem Bruchteil der Kosten in wenigen Sekunden aus.

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Beispiel für einen nicht bestanden NEXT-Test: Die Werte aller Adernpaare sollten unter der roten Grenzwertlinie liegen.

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Beispiel für einen nicht bestanden RL-Test: Die Werte aller Adernpaare sollten unter der roten Grenzwertlinie liegen.